Cyclits: P R O U D A F!

Zufälle gibt’s! Mitten im Kölner Feierabendverkehr rollen wir direkt in die Cyclits-Ausfahrt. Was einst als kleine WhatsApp-Gruppe begann, ist heute eine laute, bunte Bewegung – für Sichtbarkeit, Safer Spaces und mehr Diversität im Sattel. Week by week. Clitwoch by Clitwoch.

Robert im Gespräch mit Alex von den Cyclits

“Ich bin Alex, alleinerziehende Mama aus Köln – und Gründerin des Cyclits Cycling Collective. Vor der Veloküche, unserem liebsten Treffpunkt, versammeln sich gerade wieder ein paar unserer Cyclits für den wöchentlichen „Clitwoch-Ride“. Als wir 2019 losgelegt haben, war da vor allem ein Gefühl: Einsamkeit auf dem Rad. Ich habe immer mehr Frauen gesehen, die fuhren – aber oft hinter ihren Partnern her, mit Abstand, mit Fragezeichen im Kopf. Ich dachte mir: Das muss anders gehen. Angefangen hat alles mit einer simplen WhatsApp-Gruppe – die Idee: sich connecten, zusammen fahren, ohne Leistungsdruck und ohne dauernden Nerdtalk über Watt, Trittfrequenz oder Bikeparts. Daraus ist ein feministischer Radsportverein geworden – seit 2021 auch offiziell eingetragen. Cyclits – das ist eine Mischung aus Cycling und Klitoris. Und wir stehen für Gleichstellung, für Sichtbarkeit und für mehr Diversität im Sattel.

Was uns wichtig ist? Safer Spaces. Nicht jeder Mensch fühlt sich in klassischen Radsportstrukturen wohl oder überhaupt willkommen. Gerade FLINTA*-Personen stellen sich oft Fragen, die viele Cis-Männer sich nicht stellen: Schaffe ich das? Was, wenn ich zurückfalle? Habe ich Licht, Bahnanschluss, Bargeld, ein Fahrradschloss dabei? Wer kümmert sich um mein Kind, wenn etwas passiert? Ich kenne diese Fragen – ich stelle sie mir selbst. Als Mutter trage ich eine andere Verantwortung, auch auf dem Rad. Ich hatte mal einen Unfall auf der Bahn – da musste ich mich selbst entlassen, weil mein Sohn nicht allein bleiben konnte. Wir bieten Community-Rides, Rookie-Ausfahrten, Race Preps, Werkstattworkshops und auch FLINTA*-only-Events an. Bei uns sagt niemand von vornherein, wie etwas zu laufen hat. Stattdessen zählt der Austausch. Und ja: Männer dürfen mitfahren – aber nur in Begleitung einer FLINTA*-Person. Nicht, weil wir ausgrenzen wollen – sondern, weil wir empowern wollen. Denn es geht bei uns nicht ums Dating, sondern ums Dabeisein.

Mittlerweile haben wir über 100 offizielle „Mitclits“, wie wir sie nennen – plus rund 500 Leute auf unserem Community-Server. Wir supporten Hobbyfahrer*innen genauso wie unsere „Raceclits“, die Rennen fahren. Und wir sind laut. Auf der Straße, auf Instagram, auf den Rennstrecken. Unsere Sprüche? „Stop Sexism, Start Cyclism“ oder „Patriarchy can’t handle my watts“. Wir waren bei der Tour de France Femmes 2022 mit 20 Frauen in Paris, wir sprechen uns für inklusive Sprache bei German Cycling aus und melden uns bei jedem Rennen, das nur Mann oder Frau als Auswahl zulässt. Klar ist das alles politisch. Gleichstellung ist politisch. Sichtbarkeit ist politisch. Und das, was im Radsport passiert – seien es ungleiche Preisgelder oder sexistische Zuschreibungen –, spiegelt unsere Gesellschaft. Wir haben da etwas angestoßen. Hier in Köln, aber auch darüber hinaus. Es gibt Ableger in Berlin, München, Australien, der Schweiz – immer dann, wenn eine von uns umzieht und den Vibe mitnimmt. Unsere Vision? Weltfrauenschaft. Oder wie wir sagen: Weltherrschaft – ganz bescheiden. Das Kollektiv hat riesiges Potenzial. Aber wir stoßen an Grenzen. Alles passiert ehrenamtlich, oft neben Job, Kind, Hund. Es ist ein Vollzeitjob, obwohl keine bezahlt wird. Wären unsere Kapazitäten grenzenlos, wäre es unser Kollektiv auch. Aber vielleicht ist unsere Kraft gerade, dass wir es trotzdem machen. Woche für Woche. Clitwoch für Clitwoch!”

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Aufbruch, Anspruch und Selbstverständlichkeit – warum wir eine ganze Ausgabe Frauen auf dem Rad widmen!