STADTRADELN in Kiel auf die Eins! Im Gespräch mit Kerstin Graupner

Drei Wochen, zwei Räder, ein Ziel: Gemeinsam für Kiel vom 08. bis 28. September 2025 in die Pedale treten! Warum STADTRADELN mehr ist als nur ein Wettbewerb, erzählt die Pressesprecherin der Stadt Kiel Kerstin Graupner im Gespräch über Teamgeist, E-Bikes, kleine Alltagsheld*innen – und das Gefühl, wenn die Straße plötzlich den Radfahrenden gehört.

Die Pressesprecherin der Stadt Kiel, Kerstin Graupner, im Gespräch über STADTRADELN, Teamgeist und die kleinen Geschichten, die das Radfahren in Kiel besonders machen.

Lorenz im Gespräch mit Kerstin Graupner

Kerstin, du bist Teamkapitänin der Stadtverwaltung beim STADTRADELN – und selbst überzeugte Radfahrerin. Wie sehr gehört das Rad eigentlich zu deinem Alltag?

Ich bin tatsächlich fast ausschließlich mit dem Rad unterwegs – und das schon seit vielen Jahren. Auch meine beiden Kinder sind damit groß geworden. Als sie klein waren, gab es noch keine Lastenräder oder E-Bikes. Ich habe sie einfach auf dem Kindersitz mitgenommen – eins vorne, eins hinten. Egal ob Einkäufe, Kita oder Ausflüge: Alles wurde mit dem Fahrrad erledigt. So haben meine Kinder früh gelernt, dass Radfahren zum Alltag dazugehört.

STADTRADELN zeigt in Kiel eine spannende Entwicklung: Seit 2021 liegt der Frauenanteil konstant über dem der Männer. 2024 waren es 47 Prozent Frauen gegenüber 41 Prozent Männern. Wenn man sich einen typischen Avatar fürs STADTRADELN in Kiel vorstellt – dann wäre der wohl weiblich, zwischen 25 und 50. Trifft das auch dein Bauchgefühl?

Absolut. Ich mache jetzt seit 15 Jahren beim STADTRADELN mit – zuerst in Hamburg, jetzt in Kiel. Seit sieben Jahren bin ich hier Teamkapitänin der Stadtverwaltung. Natürlich spreche ich alle an, aber mir ist es besonders wichtig, dass Frauen sich angesprochen fühlen und mitmachen. Und es freut mich sehr, dass das offensichtlich auch funktioniert.

Was macht man eigentlich als Teamkapitänin beim STADTRADELN?

Das Wichtigste ist, immer wieder zu motivieren – über verschiedene Kanäle, in Gesprächen, per Mail oder im Flurfunk. Ich beantworte viele Fragen: Zählt auch nur der Arbeitsweg? Darf ich mit einem E-Bike mitmachen? Was, wenn ich nicht jeden Tag fahre? Natürlich dürfen alle mitmachen! Jeder Kilometer zählt. Mir liegt besonders am Herzen, auch ältere Kolleg*innen fürs Radfahren zu gewinnen. Und das klappt: Unsere Bürgermeisterin und Bildungs- und Kulturdezernentin, Renate Treutel, fährt inzwischen im Frühling und Sommer regelmäßig von Preetz mit dem E-Bike zur Arbeit und macht jedes Jahr beim Stadtradeln mit. Für dieses Jahr hat sie sich vorgenommen, noch mehr Kilometer zu erradeln. Auch Gerwin Stöcken, unser Sozialdezernent, ist dabei – selbst wenn er in diesem Zeitraum mal zu spät zur Führungskräfte-Runde kommt, weil er mit dem Rad fährt. STADTRADELN wird dabei augenzwinkernd als Verspätungsgrund akzeptiert.

Wie viele Menschen aus der Stadtverwaltung machen eigentlich beim STADTRADELN mit? Gibt es eine Tendenz?

Die genauen Zahlen für 2025 habe ich noch nicht, aber im vergangenen Jahr war unser Team – die Stadtverwaltung Kiel – ganz vorne dabei: Platz 1 in der Teamwertung mit 63.563 geradelten Kilometern. Dicht gefolgt von der Christian-Albrechts-Universität mit 63.055 Kilometern. Danach kam schon die Max-Planck-Schule. Es ist also richtig knapp – aber wir sind motiviert, auch in diesem Jahr wieder ganz oben zu stehen.

Was funktioniert beim STADTRADELN besser – allein oder im Team zu fahren?

Ganz klar: im Team. Der Gemeinschaftsgedanke ist beim STADTRADELN wirklich etwas Besonderes. Dieses Jahr machen wir in der Stadtverwaltung zum ersten Mal eine kleine interne Challenge – Amt gegen Amt –, um uns gegenseitig zu motivieren. Aber am Ende ziehen wir alle an einem Strang, um als Verwaltung wieder vorne zu landen. Was das Besondere ist: Man trifft sich morgens am Fahrradständer vorm Rathaus, kommt ins Gespräch, tauscht sich aus – über Erlebnisse auf dem Arbeitsweg, Regen, gute oder schlechte Radwege. Viele sagen: Eigentlich wollte ich heute nicht aufs Rad, aber es ist STADTRADELN – also los geht’s. Und so entsteht etwas: Gemeinschaft, Austausch und auch Rückmeldungen dazu, wo die Infrastruktur besser werden muss. In meiner Rolle als Pressesprecherin kann ich diese Hinweise weitergeben – und manchmal bewegt sich dann sogar etwas.

Du hast die STADTRADELN-App im Vorgespräch schon angesprochen – warum empfiehlst du sie so sehr?

Weil sie’s einfach unglaublich leicht macht. Man startet sie beim Losfahren, stoppt sie am Ziel – fertig. So werden die Kilometer direkt erfasst, ohne dass man später etwas nachtragen muss. Früher wurde alles händisch eingetragen, da ging oft etwas verloren oder wurde erst Wochen später ergänzt. Dann fehlt dieser direkte Ansporn, der Wettbewerbscharakter. Heute schauen viele – ich auch – regelmäßig auf ihre Wochenbilanz: Wie viele Kilometer hatte ich letztes Jahr? Schaffe ich das wieder? Und dann steigt man am Wochenende vielleicht nochmal aufs Rad, nur um das Ziel zu knacken. Genau dieser spielerische Ehrgeiz bringt Bewegung rein – und das macht STADTRADELN so motivierend.

Kann man beim STADTRADELN auch live verfolgen, wo andere Teams gerade stehen?

Ja, das geht – und genau das macht den Wettbewerb so spannend. Die App zeigt in Echtzeit, wo die Teams stehen. Jeder sportlich denkende Mensch will doch wissen: Wie viele Kilometer habe ich, wie viele die anderen? Diese Transparenz motiviert ungemein. Nur unseren Oberbürgermeister habe ich noch nicht überreden können, die App zu nutzen. Auf dem Handy hat er sie schon, aber seine Kilometer trägt er immer noch händisch nach. Dieses Jahr – so hat er es versprochen – wird er die App dafür nutzen. 

Was sind die Ziele der Stadt Kiel beim STADTRADELN – über die Verwaltung hinaus gedacht?

Das große Ziel von STADTRADELN ist nicht nur, Kilometer zu sammeln oder im Ranking vorne zu landen. Es geht darum, möglichst viele Menschen fürs Radfahren zu begeistern – gerade auch auf dem Weg zur Arbeit. Gelingt darüber hinaus sogar eine langfristige Veränderung im Mobilitätsverhalten? Ganz klar: Ja. Wer einmal die Erfahrung gemacht hat, wie gut sich der Arbeitsweg mit dem Rad anfühlt – der bleibt oft dabei. STADTRADELN hilft dabei, genau diese positive Erfahrung zu ermöglichen. Es geht nicht nur um Zahlen, sondern auch um Austausch, Rückmeldung und Gemeinschaft. Die App ist ein Werkzeug – aber das Entscheidende ist: Die Menschen erzählen von ihren Fahrten, von den schönen Momenten, von Hindernissen – und dadurch verändert sich etwas. Deshalb brauchen wir diese temporären Aktionen wie STADTRADELN. Sie holen das Thema jedes Jahr wieder ins Bewusstsein. Wir sind eben Gewohnheitstiere – und so ein Aktionszeitraum motiviert viele erstmals oder erneut dazu, sich vorzunehmen: Dieses Mal fahre ich mehr. Dieses Jahr ziehe ich’s durch. Genau diese Mischung aus Begeisterung, Austausch und Wiederholung macht den Unterschied – und bringt langfristig etwas in Bewegung.

Gibt es Gruppen oder Stadtteile, die beim STADTRADELN besonders aktiv sind? Wo geht richtig die Post ab – sei es im Ranking oder durch kreative Beteiligung?

Die Stadtverwaltung ist als großes Team natürlich stark – und 2023 sogar auf Platz 1 gelandet. Auch die Uni und viele Schulen sind engagiert dabei. Aber besonders schön finde ich die kleinen Geschichten am Rand: Ein 89-Jähriger, der sich extra ein E-Bike leiht, um mitzufahren. Oder neue Gruppen wie der Holtenauer „Feierabend-Fahrradclub“, der gemeinsam Touren plant. Viele starten ganz spontan – als Frauenteam, Mutter-Kind-Gruppe oder Kolleg*innen. Genau das ist der Spirit von STADTRADELN: Jeder kann mitmachen, auf ganz eigene Weise.

Lassen sich aus den STADTRADELN-Daten eigentlich Erkenntnisse für die Mobilitätsplanung ableiten? Also zum Beispiel dazu, welche Strecken besonders häufig gefahren werden – oder wo es Verbesserungsbedarf gibt?

Unbedingt – das ist ein wertvoller Datenschatz, den wir nicht ungenutzt lassen sollten. Die Stadt Kiel wertet die Daten aus dem STADTRADELN inzwischen aktiv aus. Besonders sichtbar wird das bei der Grünen Welle für Radfahrende in der Olshausenstraße: Dort war die per App ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit der Radfahrenden eine zentrale Planungsgrundlage – ein direktes Beispiel dafür, wie Praxisdaten in konkrete Infrastruktur einfließen. Darüber hinaus können mit diesen Daten ganze Radverkehrsmodelle erstellt werden. Die Stadt kann damit abschätzen, wie stark bestimmte Straßen tatsächlich von Radfahrenden genutzt werden. Das ist essentiell, um Radverkehrsanlagen richtig zu dimensionieren – also Breite, Führung und Sicherheitsabstände realitätsnah zu planen. Interessant ist dabei auch: Die Auswertungen bringen regelmäßig Überraschungen. So zeigt sich etwa, dass auf manchen Hauptverkehrsstraßen deutlich mehr Radverkehr stattfindet, als man es zuvor angenommen hatte. Genau solche Erkenntnisse helfen dabei, den Blick zu schärfen – und das Mobilitätsverhalten in Kiel zukunftsfähig zu gestalten.

Das STADTRADELN findet in Kiel in diesem Jahr vom 8. bis zum 28. September statt – worauf dürfen wir uns freuen?

Ich würde sagen: auf jede Menge Rückenwind! Für mich ist STADTRADELN immer eine besondere Zeit. Gerade kommen wir von der Kieler Woche – einem riesigen Gemeinschaftsprojekt – und STADTRADELN ist für mich auch genau das: eine Teamleistung einer ganzen Stadt. Besonders freue ich mich auf die große Auftakttour. Die wird gemeinsam mit dem ADFC organisiert, die Straßen sind für den Autoverkehr gesperrt – und für einen Moment gehört die Stadt den Radfahrenden. Das ist einfach ein tolles Gefühl: Platz auf der Straße, nebeneinander fahren, miteinander klönen, die Stadt aus neuer Perspektive erleben. Gerade weil Radwege oft eng werden, wenn viele unterwegs sind – mit Anhängern, Lastenrädern und Co. –, ist das ein echtes Highlight. Und wenn unterwegs etwas auffällt – etwa ein beschädigter Radweg –, dann hilft der Radwegmängelmelder unter www.kiel.de/radwegmaengel oder eine Mail direkt an tiefbauamt@kiel.de. Während des STADTRADELNS gibt es zusätzlich das digitale RADar! in der App. Dort kann man Hinweise abgeben – diese werden gesammelt und im Anschluss ausgewertet. Für akute Mängel ist aber der Radwegmängelmelder die beste Adresse.

Vielen Dank!

Die beim STADTRADELN gesammelten Daten wertet die Stadtverwaltung aktiv aus – so flossen sie etwa in die Planung der „Grüne-Welle-Teststrecke“ auf der Olshausenstraße ein.

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