Vorhang auf für die Verkehrspuppenbühne!

Seit über 20 Jahren begeistert die Verkehrspuppenbühne des Polizeipräsidiums Dortmund im Westfalenpark Kinder und Jugendliche mit interaktiven Theaterstücken zur Verkehrssicherheit. Was als bundesweit einzigartiges Präventionskonzept begann, ist heute ein fester Bestandteil der Verkehrserziehung in Dortmund. Polizeipuppenbühnen gibt es mittlerweile in mehreren Städten – doch die Dortmunder Bühne bleibt ein Vorreiter. Jährlich besuchen über 12.000 Kinder die Vorstellungen, die mit praktischen Übungen im Straßenverkehr kombiniert werden. Wir haben mit Frank Magiera und Sandra Brzezina von der Polizei Dortmund darüber gesprochen, wie das Konzept funktioniert und warum Theater eine so wirkungsvolle Methode zur Verkehrsprävention ist.

Robert im Interview mit Frank Magiera und Sandra Brzezina vom Programm Verkehrspuppenbühne der Polizei Dortmund sowie Polizeihauptkommissar Sascha Schlusemann

(Leiter der Dienststelle Verkehrsunfallprävention / Opferschutz)

Hallo ihr drei, wir freuen uns, dass wir einen Einblick in das Projekt Verkehrspuppenbühne der Polizei Dortmund bekommen. Hallo Sascha, beginnen wir aber erstmal mit einer grundsätzlichen Frage: Welche Vorgaben gibt es zur Verkehrssicherheitsarbeit?

Sascha: Es gibt natürlich Vorgaben aus dem Ministerium, darunter auch einen sogenannten Runderlass, der die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei in Nordrhein-Westfalen regelt. Dieser Erlass umfasst verschiedene Maßnahmen und Aufgaben, die von den zuständigen Behörden koordiniert und umgesetzt werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu verbessern. Dazu gehören insbesondere die Verkehrsunfallprävention, die einen präventiven Charakter hat und darauf abzielt, Unfälle durch Sensibilisierung und Aufklärung zu vermeiden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Verkehrsüberwachung, die als repressiver Teil durch gezielte Kontrollen und Sanktionen Verstöße ahndet und somit zur Einhaltung der Verkehrsregeln beiträgt. Darüber hinaus spielt auch der Opferschutz nach Verkehrsunfällen eine zentrale Rolle, um Betroffene bestmöglich zu unterstützen und ihnen Hilfsangebote bereitzustellen. Diese drei Säulen – Prävention, Überwachung und Opferschutz – sind eng miteinander verzahnt und sollen gemeinsam dazu beitragen, die Sicherheit im Straßenverkehr nachhaltig zu verbessern.

Was wird im Bereich Verkehrsunfallprävention/Opferschutz (VUP/O) alles unternommen?

Sascha: Das "O" steht für Opferschutz – das bedeutet, dass wir Menschen, die in schwere oder schwerste Verkehrsunfälle verwickelt wurden, nicht allein lassen, sondern sie aktiv betreuen. Wir vermitteln Hilfsangebote und bieten ein offenes Ohr, um Betroffenen in dieser schwierigen Zeit beizustehen. Auch wenn wir keine ausgebildeten Psychologen sind, können wir an professionelle Hilfe weitervermitteln und Wege aufzeigen, um mit einem Verlust oder einem traumatischen Ereignis umzugehen. Zur präventiven Arbeit gehört unter anderem die Verkehrspuppenbühne. Durch pädagogisches Puppenspiel bringen wir Kindern spielerisch sicheres Verhalten im Straßenverkehr bei und geben altersgerechte Hilfestellungen. Besonders wichtig ist es mir zu betonen, dass Unfallprävention als ein lebenslanges Lernen für alle Zielgruppen betrachtet wird – von den schwächsten Verkehrsteilnehmenden wie Kindern und Senior*innen bis hin zu Jugendlichen und Erwachsenen. Das Konzept der Verkehrspuppenbühne ist dabei so aufgebaut, dass Kinder bis zur 10. Klasse immer wieder mit uns in Kontakt kommen sollten, um ihr Wissen kontinuierlich zu vertiefen und sicher im Straßenverkehr unterwegs zu sein.

Verkehrserziehung ist also ein wichtiger Teil. Wie ist dieses Thema inhaltlich strukturiert?

Sascha: Die Verkehrserziehung in Dortmund ist gezielt auf verschiedene Altersgruppen abgestimmt, um frühzeitig ein sicheres Verhalten im Straßenverkehr zu fördern. Vorschulkinder lernen in der Verkehrspuppenbühne spielerisch die wichtigsten Verkehrsregeln und das sichere Überqueren von Straßen. In der Grundschule wird dieses Wissen weiter vertieft: Erstklässler*innen werden gezielt auf ihren Schulweg vorbereitet, während Viertklässler*innen im Rahmen der schulischen Radfahrausbildung praxisnah lernen, sich sicher mit dem Fahrrad im Verkehr zu bewegen. Diese Ausbildung ist fester Bestandteil des Lehrplans und wird von uns aktiv unterstützt. Beim Übergang zur weiterführenden Schule rücken neue Herausforderungen in den Fokus: Fünftklässler*innen werden dafür sensibilisiert, wie sie sich sicher zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im öffentlichen Nahverkehr bewegen können. Eine besondere Veranstaltung ist die Verkehrssicherheitsveranstaltung im Heinz-Hilpert-Theater, bei der Lüner Erstklässler*innen anschaulich die wichtigsten Regeln im Straßenverkehr vermittelt bekommen. Für Senior*innen gibt es spezielle Trainings, die sich an veränderte Mobilitätsbedürfnisse anpassen – zum Beispiel durch Schulungen zur sicheren Nutzung von Pedelecs und zur Bewältigung neuer Herausforderungen im Straßenverkehr. Auch für junge Erwachsene gibt es ein gezieltes Programm: Der „Crash Kurs NRW“ richtet sich an Jugendliche der 10. und 11. Jahrgangsstufen sowie Berufsschüler*innen. Hierbei werden sie emotional und eindringlich für die Folgen von Verkehrsunfällen sensibilisiert. Die Polizei NRW unterstützt Bildungseinrichtungen im Rahmen dieser Mobilitätserziehung mit realen Fallbeispielen und Erfahrungsberichten. So stellen wir sicher, dass Verkehrssicherheit von klein auf erlernt und ein Leben lang gefestigt wird – für alle Altersgruppen, vom Vorschulkind bis zur Seniorin.


Seit wann gibt es denn die Verkehrspuppenbühne? 

Frank: Die Verkehrspuppenbühne gibt es mittlerweile seit über 20 Jahren – 2022 haben wir das große Jubiläum gefeiert. Doch die Geschichte reicht noch weiter zurück: Bereits 40 Jahre lang waren wir mit einer mobilen Puppenbühne direkt in den Schulen unterwegs. Damals wurde dann per Beschluss gefasst, eine feste Bühne in diesem Gebäude einzurichten. Seitdem hat sich einiges verändert. Wir spielen nicht mehr „auf der Leiste“ – das ist pure Nostalgie –, sondern haben jetzt ein modernes 99-Personen-Theater und arbeiten mit Tischpuppen. Das Besondere an dieser Art des Puppenspiels ist, dass wir als Spieler*innen sichtbar sind. Dadurch können wir lebensnahe Situationen nachstellen, die für die Kinder direkt erlebbar sind. Ein großer Vorteil dieser Methode ist, dass wir als Polizei oder als Sprecherinnen die Puppen bewusst Fehler machen lassen – so können die Kinder selbst aktiv werden, die Fehler erkennen und helfen. Es stärkt sie, wenn sie spüren, dass sie mehr wissen als die Figuren auf der Bühne. Aktuell arbeiten in der Verkehrspuppenbühne zwei Kolleg*innen in Vollzeit und zwei in Teilzeit – mit dem Ziel, Kindern spielerisch die wichtigsten Regeln für einen sicheren Schulweg beizubringen.


Was ist das Schönste an diesem Job?

Frank: Das Schönste ist tatsächlich die Kommunikation mit den Kindern – sowohl vor als auch nach dem Spiel. Natürlich ist das Puppenspiel selbst spannend, aber das Drumherum ist mindestens genauso besonders. Vor allem das spontane Lob der Kinder oder ihre Reaktionen sind Momente, die den Job so erfüllend machen.

Sandra: Die Arbeit bei der Verkehrspuppenbühne ist wirklich einzigartig und macht großen Spaß. Es ist einfach besonders, mit den Kindern zu arbeiten und sie spielerisch an das Thema Verkehrssicherheit heranzuführen. Unsere Dienststelle VUP/O ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt – wir kümmern uns um die Radfahrausbildung, das Puppenspiel und gelegentlich um Sondereinsätze. Dadurch hat jede*r von uns feste Aufgaben. Besonders schön finde ich es, wenn Kinder, die uns schon einmal besucht haben, unsere Lieder immer noch kennen. Viele singen sogar Jahre später noch den Klassiker: „Am Bordstein heißt es: Halt!“

Frank: In Zukunft wird es sogar ein Bilderbuch als pädagogische Begleitung zum Puppenspiel geben, das wir gemeinsam mit der Stadt Dortmund herausbringen. Das ist ein weiterer Schritt, um die Verkehrserziehung noch nachhaltiger zu gestalten. Allein in diesem Jahr werden uns über 7.000 Grundschulkinder besuchen – insgesamt sind es über 12.000 Kinder pro Jahr. So eine große Veranstaltung zu organisieren, ist natürlich auch eine Herausforderung – aber eine, die sich lohnt!


Welche Themen bespielt die Verkehrspuppenbühne?

Sandra: Unser Programm richtet sich gezielt an verschiedene Altersgruppen und steigert sich inhaltlich je nach Entwicklungsstand der Kinder. Bei den Vorschulkindern liegt der Fokus auf den Grundlagen der Verkehrssicherheit: Wie überquere ich die Straße? Worauf muss ich achten? Spielerisch lernen die Kinder hier die wichtigsten Regeln für sicheres Verhalten im Straßenverkehr. Mit den Fünftklässler*innen gehen wir dann schon mehr ins Detail. In einem etwa 45-minütigen Puppentheaterstück zeigen wir eindrucksvoll, wie gefährlich es sein kann, wenn man im Straßenverkehr abgelenkt unterwegs ist – beispielsweise durch die Nutzung eines Handys. Das ist ein Thema, das nicht nur Kinder betrifft, sondern auch für Erwachsene relevant ist. Darüber hinaus sprechen wir über die richtige Kleidung beim Radfahren, korrektes Licht und den Helm als wichtigen Sicherheitsaspekt. Beim Thema Fußverkehr werden wir spezifischer – ein Stück spielt zum Beispiel auf dem Skateboard, um auch diese Fortbewegungsart mit einzubeziehen.

Frank: Die Stücke entwickeln wir selbst und passen sie regelmäßig an. Viele unserer Geschichten laufen über mehrere Jahre, werden aber immer weiter optimiert – sowohl inhaltlich als auch optisch. Ein schönes Beispiel: Wir wurden darauf hingewiesen, dass unsere Puppen mittlerweile Baggy Pants tragen sollten, um moderner zu wirken – also haben wir kurzerhand die Kostüme angepasst. Die meisten Puppen begleiten uns übrigens schon seit vielen Jahren und haben mittlerweile wohl sogar Sammlerwert. In unserer fast vierjährigen Zeit bei der Verkehrspuppenbühne haben wir erst zwei neue Puppen gekauft – die anderen sind echte Klassiker.


Sind Puppen für Fünftklässler*innen noch cool?

Frank: Eine berechtigte Frage! Tatsächlich hatten wir erst vor kurzem das Feedback einer Kollegin, die sich das Stück für die Fünftklässler*innen neu angesehen hat – und überrascht war, wie gut die Kinder darauf reagieren. Natürlich versuchen sie, cool zu sein, aber sie lassen sich trotzdem schnell von der Geschichte einfangen. Die Mischung aus Spannung, Humor und Interaktion funktioniert einfach – egal in welchem Alter.

Habt ihr noch einen Appell an alle Verkehrsteilnehmer*innen?

Frank: Anstatt auf das eigene Recht zu beharren, wäre gegenseitige Rücksichtnahme angebracht. Es geht nicht darum, wer im Recht ist – sondern darum, gefährliche oder angespannte Situationen zu entschärfen, bevor es zu einem Unfall kommt.


Sandra: Genauso wichtig ist es, sich mal in die Rolle der anderen Verkehrsteilnehmenden hineinzuversetzen. Ob zu Fuß, auf dem Fahrrad oder im Auto – ein Perspektivwechsel kann helfen, das Miteinander auf den Straßen entspannter und sicherer zu machen.

Vielen Dank!




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