Du schützt, was du liebst!
Mitten in der Kieler Innenstadt lädt das SEALEVEL auf rund 400 Quadratmetern zum Eintauchen ein – kostenfrei, niedrigschwellig und voller Überraschungen. Der Erlebnisraum versteht sich als lebendiges Vorprojekt für das geplante Meeresvisualisierungszentrum und zeigt, wie spannend Wissen über Ozeane, Küsten und Meeresschutz sein kann. All das vorerst als Zwischennutzung, aber mit dem klaren Ziel, den Standort Innenstadt auch langfristig zu prägen: Mit viel Herzblut, starken Partner*innen und einem engagierten Team ist ein Ort entstanden, der die Innenstadt belebt und gleichzeitig wichtige Themen sichtbar macht. Kiel-Marketing e.V. hat das Projekt mutig übernommen, obwohl es nicht unter die klassischen Kernkompetenzen der Organisation fällt – und damit zu einem echten Herzensprojekt für Kiel gemacht.
Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Lust auf Wissen: Ein Raum, der Meer bewegt.
Lorenz im Interview mit Janine und Jonas, den Projektverantwortlichen bei Kiel-Marketing e. V.
Wir haben die Ausstellung bereits besucht und waren begeistert – sie hat uns sehr an skandinavische Museen erinnert: offen, interaktiv und ausgesprochen familienfreundlich. Was war euch bei der Gestaltung des SEALEVEL wichtig?
Janine: Toll, dass dieser Eindruck entstanden ist – genau das war unser Ziel. Wir wollten einen Raum schaffen, der informiert und gleichzeitig unterhält – auf eine lockere, familienfreundliche Weise. Die Texte sind bewusst so formuliert, dass ein Grundschulkind sie verstehen kann, ohne dass Erwachsene das Gefühl haben, sie seien zu simpel. Diese Balance war uns extrem wichtig. Außerdem sollen sich Kinder frei bewegen und selbstständig entdecken dürfen. Das SEALEVEL soll Spaß machen, zum Verweilen einladen und auf spielerische Weise Neugier wecken. Ein Partner aus der Konzeptionsphase hat es einmal schön zusammengefasst: Der Raum soll sich anfühlen wie das Durchblättern einer Illustrierten – leicht zugänglich, inspirierend, ohne dass man alles lesen muss, um etwas mitzunehmen. Wer möchte, kann aber auch richtig tief eintauchen und viel Wissen mitnehmen. Genau diese Bandbreite wollten wir abdecken.
Wie ist die Idee zum SEALEVEL entstanden? Gab es zuerst den Raum oder die Idee?
Janine: Tatsächlich stand am Anfang weniger ein freier Raum, sondern vielmehr unser Auftrag: die Innenstadt zu beleben und ihre Transformation voranzutreiben. 2021 wurde dann das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ aufgelegt – mit der Chance auf Fördergelder. Wir haben verschiedene Projekte eingereicht, darunter auch die Idee für das SEALEVEL. Der konkrete Anstoß war das geplante Meeresvisualisierungszentrum an der Kiellinie, das damals medial sehr präsent war. Wir als Kiel-Marketing fanden: Kiel braucht nicht nur das große Zentrum am Wasser, sondern auch einen sichtbaren Satelliten mitten in der Innenstadt. Die Vision war, Meereswissen niedrigschwellig zugänglich machen – und zwar genau dort, wo die Menschen ohnehin unterwegs sind. Kiel ist Kiel.Sailing.City, Meeresschutzstadt, Stadt am Wasser. Das sollten wir viel stärker zeigen. Das SEALEVEL vereint diese Ziele perfekt: Es bringt das Thema Meer mitten in die Stadt und macht gleichzeitig Lust, sich intensiver mit unserem maritimen Erbe und unserer Verantwortung auseinanderzusetzen. Eine echte Win-Win-Situation.
Jonas: Eigentlich war im Förderantrag vorgesehen, dass ein externer Betreiber das SEALEVEL übernimmt. Klassischerweise wäre es dabei unsere Rolle gewesen, nur die Rahmenbedingungen zu schaffen. Aber als sich niemand fand, der die Umsetzung verantworten wollte, haben Janine und ich entschieden: Wir machen es selbst. Ein großer Schritt – denn normalerweise ermöglichen wir nur Nutzungen, in diesem Fall haben wir sie kurzerhand selbst übernommen. Einfach, weil wir gesehen haben, wie wichtig dieses Projekt für Kiel und die Themen rund um das Meer ist. Ohne diesen Schritt gäbe es das SEALEVEL in dieser Form wahrscheinlich nicht.
Wie war es, das SEALEVEL tatsächlich mit Leben zu füllen?
Jonas: Ich erinnere mich noch genau: Am 3. Januar 2025 standen wir hier in einem komplett leeren Raum – und hatten vier Wochen Zeit bis zur Eröffnung. Wände mussten gestrichen, Technik installiert, Grafiken montiert werden. Alles fühlte sich wie ein riesiges Puzzle an. Aber Stück für Stück hat sich alles zusammengefügt. Am Tag vor der Eröffnung war wirklich alles fertig. Das war ein unglaubliches Gefühl – und ich bin immer noch stolz auf das, was wir als Team hier in kürzester Zeit auf die Beine gestellt haben. Es war ein richtig schöner Moment, als ich beim Opening saß und realisiert habe: Wir haben wirklich ein Highlight für die Innenstadt geschaffen. Und das Feedback bestätigt uns – denn es ist durchweg positiv, was in der Innenstadtarbeit wirklich selten ist.
Janine: Für mich war es ein besonderer Weg, weil ich das SEALEVEL von der allerersten Idee an begleitet habe. Als es hieß, dass wir keinen Betreiber finden, habe ich intern richtig dafür gekämpft, dass wir es übernehmen. Obwohl es keine unserer klassischen Aufgaben ist, wusste ich: Das schaffen wir. Für mich war immer klar, dass es klappen wird – und was jetzt hier zu sehen ist, entspricht genau der Vision, die ich damals im Kopf hatte. Manchmal muss man die Dinge einfach mutig angehen. Wir haben unsere Erfahrungen aus Innenstadtentwicklung, Erlebniskonzepten und Pop-up-Formaten eingebracht – und ein Museum geschaffen, das Menschen wirklich berührt.
Jonas: Ich bin wirklich unheimlich stolz auf das SEALEVEL. Als es im Sommer plötzlich hieß, das Projekt könnte scheitern, wollten wir das nicht akzeptieren. Wir bei Kiel-Marketing bringen normalerweise Menschen zusammen und schaffen Räume für neue Ideen – genau dieses Wissen haben wir hier genutzt. Was Menschen heute von einem Lern- und Erlebnisort erwarten, ist einfach etwas anderes als früher. Das SEALEVEL ist genau das: Ein Ort, der Wissen leicht zugänglich macht, der Spaß bringt und zum Mitmachen einlädt. Und gleichzeitig haben wir auch unsere Handschrift eingebracht – dieses Mutigsein, dieses Einfach-mal-Machen. Ohne großes Tamtam, aber mit viel Herzblut.
Welche Wirkung wünscht ihr euch für das SEALEVEL in den kommenden Monaten – auf die Stadt, die Menschen und die Innenstadtentwicklung?
Janine: Unser großer Wunsch ist, dass das SEALEVEL auch über den 31. Oktober 2025 hinaus bestehen bleibt. Ich habe schon früh daran geglaubt, dass dieser Raum eine echte Zukunft hat – auch wenn viele anfangs noch gezweifelt haben. Der Zuspruch zeigt: Die Menschen wollen genau so einen Ort mitten in der Innenstadt. Natürlich hängt vieles am lieben Geld – vor allem an Miete, Nebenkosten und Personal. Aber die Basis ist geschaffen: Die Ausstellung steht, der Ort ist sichtbar und wir haben fantastische Partner*innen an unserer Seite, die sich unglaublich engagiert haben. Schon bei der Eröffnung wurde schnell deutlich, wie wichtig diese Nähe zur Bevölkerung für die wissenschaftlichen Institutionen ist. Wenn wir also alle an einem Strang ziehen und der Eigentümer mitspielt, dann bin ich überzeugt: Das SEALEVEL kann bleiben – und weiterhin Lust auf Meer, Wissenschaft und Entdecken machen.
„Kiel ist Kiel.Sailing.City, Meeresschutzstadt, Stadt am Wasser. Das sollten wir viel stärker zeigen.“
Ihr habt Kieler Partner*innen aus Wissenschaft und Forschung eingebunden – wie ist diese Zusammenarbeit entstanden und welche Rolle spielen die Institutionen für das SEALEVEL?
Jonas: Die Kooperation mit den Kieler Forschungseinrichtungen war von Anfang an Teil des Konzepts. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung und der Forschungsschwerpunkt „Kiel Marine Science“ der CAU zu Kiel haben nicht nur Exponate beigesteuert, sondern auch ihre Expertise bei der inhaltlichen Ausgestaltung, zum Beispiel der Texterstellung, eingebracht. Besonders beeindruckend war die Offenheit und Begeisterung aller Partner*innen – großen wie kleinen Institutionen. Egal, an wen wir herangetreten sind: die Rückmeldungen waren sofort positiv, viele wollten sich aktiv einbringen. So ist das SEALEVEL auch ein Schaufenster für die wissenschaftliche Arbeit in Kiel rund um das Meer und den Meeresschutz geworden.
Was erwartet Besucher*innen im SEALEVEL?
Janine: Das SEALEVEL ist eine Reise – von der Küste über den Ozean bis in die Tiefsee. Genau diese Erzählung wird später auch das Digitale Meeresvisualisierungszentrum aufgreifen. Uns war wichtig, von Anfang an einen offenen, spielerischen Zugang zu schaffen: kein wissenschaftlicher Elfenbeinturm, kein erhobener Zeigefinger – sondern Neugier wecken und Emotionen auslösen. Im vorderen Bereich wird man direkt eingeladen: Kreativwand, Bällebad, Mitmachstationen. Weiter hinten taucht man tiefer ein, erlebt Strömungen, Meeresfarmen und auch die Plastikmüll-Problematik – aber immer mit der Idee, dass Lernen leicht und begreifbar bleibt. „Man schützt, was man liebt“ – deshalb holen wir die Besucher*innen emotional ab. Gerade für Familien soll es sich anfühlen wie eine illustrierte Entdeckungsreise: Wer will, kann tief eintauchen, wer einfach stöbern möchte, nimmt trotzdem Eindrücke mit.
Jonas: Und auch der Veranstaltungsbereich entwickelt sich gerade stark. Der Raum soll ein Treffpunkt werden für alle, die sich mit Meer und Meeresschutz beschäftigen – von wissenschaftlichen Vorträgen bis zu kreativen Projekten. Es ist unglaublich schön zu sehen, wie viele Initiativen jetzt von selbst auf uns zukommen – ob Schulen, Poetry-Clubs oder Umweltgruppen. Da entsteht gerade ein Netzwerk, was wir am Anfang so nicht erwartet haben. Dazu wollen wir künftig verstärkt Führungen anbieten und überlegen, ob perspektivisch kleinere Eintrittsbeiträge möglich wären, um die Verstetigung ab 2026 zu sichern. Das Interesse ist da: Wir zählen aktuell rund 1.000 Besucher*innen pro Woche – und der Sommer kommt erst noch.
Wie bleibt man über Veranstaltungen und Angebote im SEALEVEL informiert?
Janine: Am besten einfach auf unserer Website vorbeischauen! Dort aktualisieren wir regelmäßig alle Termine, Führungen und Neuigkeiten rund um das SEALEVEL.
Vielen Dank für das Gespräch – und weiterhin viel Erfolg!