Covershooting WE RIDE SACHSEN

Ich heiße Dörte und komme ursprünglich aus dem hohen Norden aus Hamburg. Man möchte meinen, in Hamburg gibts keine Berge, aber wer schon mal durch die Harburger Berge im Süden Hamburgs gefahren ist, der weiß, dass es im Norden ganz tolle Möglichkeiten zum Mountainbiken gibt. Hier wurde in Absprache mit dem Förster ein richtiges Trailnetzwerk entworfen, welches uns Mountainbiker*innen erlaubt, auf den dafür vorgesehenen Wegen Grenzen auszuloten und ein paar Skills zu üben. Als wir letztes Jahr nach Leipzig gezogen sind, musste ich erst einmal nach ein paar Trails und Bergen suchen. Es gibt in und um Leipzig ein paar versteckte Trails und schöne Wege an den Seen, doch braucht mein Mountainbiker*innen Herz ein wenig mehr Höhenmeter, um sich richtig wohlzufühlen. Und wo lassen sich diese besser finden als im nicht allzu weit entfernten Erzgebirge? Viele Trainingskilometer konnte ich dort sammeln und mich gleichzeitig für die gut ausgebauten Forst- und Wanderwege begeistern. Es ist dort alles so weitläufig, dass man sich mit den Wandernden und anderen Radfahr*innen nicht in die Quere kommt – im Gegenteil: Häufig bin ich dort alleine unterwegs und freue mich, wenn ich mal den ein oder anderen Gruß aussprechen kann, während ich schnaufend die Anstiege bezwinge. Mountainbiken bedeutet für mich die Freiheit, auf allen Trails und Wegen Deutschlands und der Welt unterwegs sein zu können, ohne mir vorher Gedanken machen zu müssen, ob diese Wege überhaupt befahrbar sind. Mit dem Mountainbike komme ich meistens überall lang und wenn das mal nicht klappt, dann wirds kurz geschultert oder geschoben und weiter geht die Fahrt. Für mich ist es die pure Form des Radfahrens: Nah an der Natur, vereint mit den Gegebenheiten und der Ruhe, die ich erfahre. Außerdem ist Mountainbiken wirklich zu jeder Jahreszeit möglich: Ob bei Hitze, bei Regen oder sogar im Schnee – mit der richtigen Kleidung und einer entsprechenden Routenplanung lassen sich auch ganz herrliche Wintertouren starten. Somit ist es ein Sport, den ich das ganze Jahr über ausleben kann und mit dem ich auch im Winter fit bleibe und nie auf mein Training verzichten bzw. mich ausschließlich auf das Indoor-Training beschränken muss. Am liebsten bin ich mit meinem Hardtail, einem SCOTT SCALE 30, unterwegs, welches für mich das perfekte Bike für das sächsische Terrain ist.

Es ist super schnell auf der Flachebene und ein Rad, das quasi von alleine den Anstieg meistert. Das schnelle Fahren mit dem MTB macht mir wahnsinnig viel Freude und ich finde es auch sehr viel weniger „gefährlich“, als auf der Straße unterwegs zu sein. Ich bin nur selten dem Verkehr auf den Bundesstraßen ausgesetzt und ich kann „freier“ fahren. Seitdem ich zwei kleine Töchter habe, halte ich mich von den Landstraßen fern, so gut es eben geht. Der Autoverkehr ist mir mittlerweile zu unruhig und zu gefährlich, sodass ich mich abseits der Straße sehr viel wohler und sicherer fühle. 

Ich habe meine Liebe zum sportlichen Radfahren erst spät entdeckt, das war 2016 und ich war bereits 27 Jahre alt. Weil mein damaliger Arbeitsweg so weit entfernt war und so schlecht erreichbar, habe ich mir ein Rennrad zugelegt, mit welchem ich dann meinen Arbeitsweg bestritten habe und weil es so viel Freude gemacht hat, sammelte ich immer mehr Radkilometer. Schnell war es mit dem Arbeitsweg nicht mehr getan, sooft es möglich war, hängte ich eine längere Feierabendrunde um die Seen dran und kam auch ins Gespräch mit anderen Radlern und Radlerinnen. Wir verabredeten uns zu gemeinsamen Ausfahrten und genossen die Sonnenuntergänge und das gemeinsame Bierchen nach getaner „Arbeit“.  Im Juni fuhr ich dann alleine mit dem Rad von Leipzig nach Prag, 300 km an zwei Tagen: eine tolle Reise, die ich nicht missen möchte. Doch ich wollte mehr: ich hatte Lust, mich mit anderen zu messen uns bestritt somit im Sommer 2016 mein erstes Radrennen auf der Straße in Dresden. Es war mein allererstes Radrennen und ich wurde 10. Frau: für mich eine wahnsinnig gute Leistung, so hatte ich das Radfahren gerade erst entdeckt. Ich bewarb mich beim einzigen Bundesliga Frauenteam Sachsens und fuhr 2017 dann bereits meine erste Saison Bundesliga Straße und schnupperte somit Wettkampfluft. Und weil es im Winter doch etwas frisch auf so einem Rennrad wird, legte ich mir Ende 2017 ein Mountainbike zu, damit ich das Training so gut es ging, umsetzen konnte. Aufgrund von zwei aufeinanderfolgenden Schwangerschaften, aus denen meine wundervollen Töchter (drei und fünf Jahre) hervorgingen, musste ich vom Wettkampf ein wenig absehen, ich habe aber nie aufgehört, Rad zu fahren, im Gegenteil: nachdem ich 2021/22 wieder richtig durchstartete (vorerst in der Hobbyliga Cyclocross) und so über den Winter schnell wieder „Form“ zurückgewann, konnte ich mich wieder für den Wettkampf begeistern. Ich gewann 2021/21 den Stevens Cross Cup in der Hobbyfrauen-Wertung und löste eine Lizenz, denn ich wollte wieder nach oben auf das Treppchen im Lizenzsport. Von da an trainierte ich wieder mit Trainer und mit Plan, setzte die meisten Einheiten bestmöglich um, so wie es zwischen Arbeit und Familie möglich ist und sehr bald hatte ich Erfolg: Ich gewann 2022 einige Mountainbike Marathon Rennen, insbesondere im Erzgebirge, nahm an der Europameisterschaft in Tschechien teil, gewann den ersten MTB-Marathon Deutschlands (EBM) über die Langdistanz und verabschiedete mich dann hochmotiviert in meine erste Lizenzsaison im Cyclocross. Der Winter lief super, die Saison richtig gut, so konnte ich auch Querfeldein einige Siege einfahren und feilte an meiner Technik. Aber noch mehr freute ich mich Anfang dieses Jahres, wieder auf mein Hardtail zu steigen und viele Kilometer und Höhenmeter zu fahren. 

Ich bestritt auch einige Gravelrennen, unteranderem die Deutsche Meisterschaft, bei der ich den 4. Platz belegte. Gravel macht mir auch wahnsinnig viel Freude, denn hier bin ich ebenfalls super schnell fernab des Asphalts unterwegs. Dennoch wird mein Herz immer am meisten für das Mountainbiken schlagen: ich liebe die Position, die dicken Stollen und die Freiheit, die ich damit habe. Und damit noch mehr Leute den Weg in den Mountainbikesport finden – unabhängig, ob sportlich orientiert oder einfach just for fun – wäre es natürlich wahnsinnig schön, wenn es auch hier in Sachsen tolle Mountainbikerouten geben würde, die für alle fahrbar sind und gut zu erreichen: nämlich am besten per Anreise mit Rad oder Zug.

Zurück
Zurück

WE RIDE LEIPZIG Ausgabe 22

Weiter
Weiter

Fahrrad einlagern. So gehts mit storemore!